Zwischen den Welten (1)

Viele große Unternehmen – insbesondere in Branchen, die im weitesten Sinne Technologie-orientiert sind – spüren gerade einen eiskalten Wind im Genick: Ein Umbruch steht offenbar kurz bevor, wenn die Babybommer, die das Unternehmen aufgebaut haben, in ihren wohlverdienten Ruhestand wechseln und die Generation X/Y/Z das Ruder übernehmen soll.

Aber es wird nicht nur ein personeller Umbruch sein, sondern auch einer der Arbeitsmethoden: Groß wurde man mutmaßlich durch Methoden aus den Anfängen der Industrialisierung: Fließband-Fertigung, Softwareentwicklung nach dem Wasserfallmodell, Skalierung und Prozessoptimierung. Doch nun predigen die Unternehmensberater Teamwork, agiles Arbeiten, flache Hierarchien, Flexibilität für Arbeitszeit und Arbeitsort.

Wie dies zusammenbringen? Wenn doch die jahrzenhtelange Erfahrung lehrt, dass das alte Modell ordentlich funktioniert hat und man die Kunden durchaus dazu erziehen kann, dass sie ihr Auto nur in drei verschiedenen Ausstattungsvarianten bestellen können oder dass sie die nächste Version der monolithischen Software auch wieder kaufen müssen, weil die Datenformate proprietär sind und eine Ablösung viel zu teuer wäre.

Als erstes ändere man einfach die Marketingpräsentationen und schreibe überall hinein, dass der Kunde (und nicht die effiziente, kostengünstige Produktion) im Mittelpunkt steht; dann verordne man der Entwicklung irgendein Modell aus dem „Agile“-Katalog (gerne mit Scrum, Kanban oder anderen Wörtern, die nur für Insider eine Bedeutung haben) – und dann hoffe man darauf, dass diese kosmetischen Änderungen kreative, motivierte (und preisgünstige) junge Mitarbeitende anziehen, mit denen man dann einfach die eingefahrenen Arbeitsmethoden ins nächste Jahrzehnt retten kann.

Schade nur, dass die Jungen den Etikettenschwindel schnell durchschauen werden; und auch die Kunden lassen sich nicht beliebig lange mit vollmundigen Versprechen besänftigen, denen keine Leistung folgt.