„Du wirst Dich später nicht an Deinen tollen Tag am Schreibtisch erinnern“ überschreibt eine Biermarke ihre Aufforderung, sich mit einem Biermixgetränk den Tag schön zu trinken.
Falsch – wer keine tollen Tage am Schreibtisch erleben kann, auf dessen Schreibtisch landet einfach die falsche Arbeit.
Es gibt tolle und erfüllende Tage im Büro, und an manche davon kann ich mich tatsächlich noch explizit erinnern. Nun bin ich auch kein typischer Biermixgetränkekonsument (wenn man mal von Berliner Weisse und Radler absieht), sondern ein alter Sack, der seine Befriedigung im Job auch einfach aus dem Gefühl beziehen kann, gute Qualität geliefert, eine gute Lösung für einen Kunden gefunden oder einen Prozess verbessert zu haben – alles total uncoole Sachen.
Aber es ist doch ein weit verbreiteter Irrtum der „Spaßgesellschaft“, daß sich das eigentliche Leben außerhalb der Arbeit abspielen müsse, die Arbeit also nur ein notwendiges Übel sei. Und wer kann schon bei einem Übel Spaß empfinden (ok, Achterbahn vielleicht ausgenommen…)? Tatsächlich ist es aber so, daß man ohne eine sinnvolle Beschäftigung (und die Betonung liegt wirklich auf dem „sinnvoll“) keinen Spaß im Leben haben kann. Und Arbeit kann durchaus diese sinnvolle Beschäftigung sein – so, wie vielleicht für manche auch der Schrebergarten oder das Sammeln von Streichholzschachteln.
Woran kann es also liegen, daß (Schreibtisch)-Arbeit als so uncool empfunden wird? Vielleicht daran, daß ihr der Geruch der Sinnlosigkeit anhaftet, des immer gleichen Vorgänge-Bearbeitens (früher auf Papier, heute am Bildschirm), in dem per definitionem Menschen gar nicht mehr vorkommen.
Aber Moment: Wenn der KFZ-Mechaniker (oder neuerdings Mechatroniker) an einem Fahrzeug schraubt, kommt in dieser Tätigkeit auch erstmal kein Mensch vor. Wohl aber hat seine Arbeit und sein Qualitätsverständnis einen unmittelbaren Einfluß auf den Kunden, dessen Zufriedenheit und sogar u.U. seine Sicherheit.
Für die meisten Schreibtischtäter gilt dies genauso, nur ist es manchmal nicht so offensichtlich, und dann wäre es Aufgabe des Vorgesetzten, den Sinn „zu stiften“. Denn irgendwie gibt es für jede Arbeit einen Kunden, der mehr oder weniger zufrieden mit dem Ergebnis sein wird. Dies ist in der Regel nicht der Chef (der einem zugegebenermaßen hinterher das Zeugnis ausstellt), sondern derjenige, dem das Produkt nach dem letzten eigenen Verarbeitungsschritt übergeben wird. (Schlimm wird es nur, wenn der Chef zugleich der Kunde ist, und selbst nicht weiß, was sie/er will. Aber das wäre schon wieder Thema für einen weiteren Gedankensplitter…)
Und ein toller Tag könnte es doch schon sein, wenn man einen Kunden bei einer besonders schwierigen Aufgabe uneingeschränkt zufrieden gestellt hat. Dann darf’s zum Feierabend auch ein Biermixgetränk sein…